Bei der Herstellung von Enzymen und Proteinen durch mikrobielle Fermentation setzen die Projektteams von BRAIN Biotech auf Interdisziplinarität: Expertinnen und Experten aus Mikrobiologie, Molekularbiologie und Bioverfahrenstechnik arbeiten im Team parallel an der Stamm- und Bioprozessoptimierung. Ein von BRAIN Biotech entwickelter Aspergillus niger hat sich dabei als leistungsfähiger Produktionsstamm für Enzyme und alternative Proteine bewiesen – mit Ausbeuten im zweistelligen Gramm-pro-Liter-Bereich.
Aspergillus als Produktionsstamm
Fallbeispiel: Ein Kunde sucht einen mikrobiellen Stamm, der ihm ein bestimmtes Molekül in möglichst großer Menge herstellt. Wie wird ein solcher Produktionsstamm ausgewählt? Christian Naumer, Director & Unit Head Bioprocess Development bei BRAIN Biotech sagt: „Wenn der Kunde keinen Stamm vorgibt, entscheidet das Team nach einer wissenschaftlichen Einschätzung des Zielmoleküls, welcher Mikroorganismus eingesetzt wird. Das ist in der Regel einer, der als Produktionsstamm für das jeweilige Anwendungsgebiet bereits anerkannt und als unbedenklich eingestuft ist.“
Produktionsstämme sind zum Beispiel Escherichia coli, Pichia pastoris (Komagataella phaffii), Bacillus subtilis oder auch der Schimmelpilz Aspergillus niger. Letztgenannter ist in der Biotechnologie besonders beliebt, weil er von Natur aus Proteine in hohen Titern sekretiert und man sich diese Eigenschaft zunutze machen kann.
Der bei BRAIN Biotech eingesetzte Aspergillus niger gehört der Biosicherheitsstufe 1 (BSL1) an und hat sich in Zwingenberg bereits mehrfach bewährt. Produktionserfolge mit „double digit“-Ausbeuten, also Ausbeuten in einem für die Industrie relevanten zweistelligen Gramm-pro-Liter-Bereich, konnten die Projektteams mit Aspergillus niger und der Sekretion homologer Proteine schon seit längerem vorweisen. Inzwischen stehen diese Ausbeuten auch für heterologe Proteine aus eukaryotischen Wirten auf der Erfolgsliste.
Alexander Pelzer, bei BRAIN Biotech Leiter der Forschung und Entwicklung am Forschungsstandort Zwingenberg, erklärt: „Aspergillus niger spielt schon seit vielen Jahren eine wichtige Rolle bei der Produktion von Enzymen. Jetzt kommen noch viele Anfragen aus dem Bereich der alternativen Proteine hinzu: Tierische Proteine sollen in Zukunft durch sequenzidentische, aber mikrobiell hergestellte Proteine ersetzt werden.“
Hand in Hand: Stamm- und Bioprozessentwicklung
Für die wirtschaftliche Herstellung von mikrobiell produzierten tierischen Proteinen für die Lebensmittelindustrie braucht es starke Mikroorganismen. Will man einen Mikroorganismus dazu bringen, ein Zielprotein in großen Mengen zu bilden, greifen Forscherinnen und Forscher gerne in seinen Stoffwechsel ein. Den Molekularbiologinnen und -biologen bei BRAIN Biotech gelingt dieses „Genetic Engineering“ mit Hilfe von Genome Editing und einem ganz speziellen Enzym: Die Nuklease G-dase M, eine Eigenentwicklung von BRAIN Biotechs Akribion-Genomics-Team. Mittels Genome Editing werden dann Kopien einer optimierten Gen-Expressionskassette, die für das Zielprotein kodieren, gezielt in das Genom des Mikroorganismus eingebracht.
Darüber hinaus wird der Produktionsorganismus so verändert, dass er am Ende nur minimale Mengen unerwünschter Proteine bildet, ohne die Sekretionsleistung für das Zielprotein zu reduzieren. Die gezielte Deletion von wirtseigenen Genen spielt dabei eine entscheidende Rolle. Denn es gilt: Je weniger „Nebenproteine“ der Mikroorganismus bildet und sekretiert, desto weniger aufwändig ist der anschließende Downstream-Prozess (DSP). Alexander Pelzer betont: „Für den Kunden ist ein solches Ergebnis enorm wichtig, denn es bedeutet für ihn einen schnelleren und kostengünstigeren Herstellungsprozess – und damit letztlich ein günstigeres Produkt.“
Bei BRAIN Biotech werden Stammoptimierung und Bioprozessentwicklung von Anfang an zusammen gedacht: interdisziplinär aus Sicht der Mikrobiologie, der Molekularbiologie und der Bioprozessentwicklung. Alexander Pelzer formuliert die Überlegung dahinter so: „Ich muss den Stamm auf molekularer Ebene verbessern, aber ich muss ihn gleichzeitig auch im Bioreaktor kennen“. Bei der Entwicklung des Produktionsstamms werden also parallel der Stamm und der Bioprozess optimiert. Dass sich die enge Teamarbeit bei BRAIN Biotech bewährt hat, kann auch Christian Naumer bestätigen: „Wir hätten das Potenzial mancher Mikroorganismen nicht erkannt, hätten wir den jeweiligs zugehörigen Prozess nicht parallel entwickelt. Das gilt vor allem für Bioprozesse mit dem komplexen Organismus Aspergillus niger.“
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